Der Arlberger Skisport macht Schule

101 Jahre Bundessportheim St. Christoph am Arlberg

Richtiges Skifahren: Alle wollen es können, aber nicht alle können es lehren. Dazu bedarf es einer professionellen Ausbildung, wie sie die Ski Austria Academy, ehemals Bundessportheim St. Christoph, vermittelt. Die Anfänge des Arlberger Schneesport- Kompetenzzentrums von Weltrang liegen bereits 101 Jahre zurück.

 

Die „Brettln“ anschnallen und los geht die wilde Fahrt? So machte man es früher. Schon bald aber wurde beim Skifahren Wert auf die richtige Technik gelegt, denn sie erhöht Sicherheit und Vergnügen auf der Piste. Die „weißen Botschafter“ vom Arlberg – kühne und innovative Skipioniere wie Hannes Schneider – optimierten die Bewegungsabläufe und Körperhaltungen. Die ganze Welt folgte ihnen. Aber damit die Arlberg-Technik Schule machen konnte, brauchte es genaue Richtlinien für den Unterricht und konstruktive Lehrpläne. Und es brauchte einen geeigneten Ort für die Tiroler Skilehrerausbildung.

Ernst Janners Wegmacherhaus

 
Nach der Gründung der Skischule Arlberg 1921 freute sich Prof. Ernst Janner, Turnlehrer am Gymnasium in Innsbruck, zusätzlich über die Reform des österreichischen Schulturnens. Durch diese wurde ab 1922 der Skilauf als „Winterübung“ eingeordnet. Wegen des großen Bedarfs an Skilehrern entstand damals das Bestreben, auch im außerschulischen Skiunterricht einheitliche Richtlinien zu schaffen. Bei einer Skitour entdeckte Ernst Janner das leer stehende Wegmacherhaus neben dem Hospiz in St. Christoph und erkannte sofort dessen günstige Lage. Er sanierte es und machte daraus ein Skiheim für Schüler und Studenten. 1924 übernahm das Bundesministerium für Unterricht dieVerwaltung. Ernst Janner wurde mit der ersten gesamtösterreichischen Lehrerausbildung in St. Christoph betraut, das Bundessportheim wurde zum Zentrum des österreichischen Skilehrerwesens. 1926 gab Ernst Janner mit der „Arlbergschule“ sein erstes Lehrbuch heraus. Sein Beitrag zur Entwicklung des Skilaufs ist die Einführung der tiefen Fahrhaltung.

St. Christoph am Arlberg
Stefan Kruckenhauser
Alte Aufnahme eines Skirennen in St. Anton am Arlberg

Stefan Kruckenhausers Wedelkunst

 
Unter der Leitung von Stefan Kruckenhauser (1934 bis 1972) wurde im  Bundessportheim ein Lehrplan entwickelt, der den alpinen Skilauf auf ein neues Level hievte. Kruckenhauser machte sich die Filmtechnik zunutze und hielt die Bewegungsabläufe beim Skifahren detailliert mit der Kamera fest. Es waren ganz spezielle Abläufe, die bei der Konkurrenz zum Teil Staunen und Kopfschütteln verursachten: Beim 2. Internationalen Skikongress in Davos irritierte Kruckenhauser vor allem die französischen Skilehrer, weil er die Rotation beim Schwung ablehnte und seine Skilehrer mit geringsten Körperbewegungen, geschlossenen Beinen und kurzen Schwüngen die Pisten „hinunterwedelten“. Die Technik setzte sich dennoch durch und die internationale Presse rief Kruckenhauser zum „Wedelpapst“ aus. Ende der 1970er Jahre lockten dann Buckelpisten und Wellenbahnen, dadurch wurde der „Wedel-Schwung“ eingebremst und die Franzosen propagierten den „Jetschwung“. Diesen schätzte allerdings Kruckenhausers Nachfolger als Leiter des Bundessportheim, Prof. Franz Hoppichler nicht besonders. Er meinte dazu: „Eigentlich fahren nur die Rennläufer im ‚jet‘, weil es ihnen die Piste aufzwingt. Die Gäste sind mit dieser Technik nach einer Runde am Übungshang schon kaputt!“

 

Franz Hoppichlers Swinging Ski

 
Prof. Franz Hoppichler, der erfolgreiche Rennsportleiter des Österreichischen Skiverbandes und Schwiegersohn von Stefan Kruckenhauser, wurde 1972 Ausbildungsleiter im Bundessportheim. In dieser Zeit rückte die Sicherheit im Skisport und als wichtiges Thema bei der Skilehrerausbildung noch weiter in den Vordergrund. Außerdem entwickelte Hoppichler das Wedeln durch großzügigeres „Schwingen“ weiter: Der Umsteigschwung, aus dem Rennlauf in die Skimethodik übernommen, erhielt dadurch einen höheren Stellenwert und brach die eineinhalb Jahrzehnte dauernde Vorherrschaft des Parallelschwunges. Im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts traten die Auseinandersetzungen über die „richtige“ Skitechnik aber zunehmend in den Hintergrund. Im Interesse der Tourismusindustrie, die das Skifahren als genussvollen Freizeitsport bewerben wollte, wurden eher die Gemeinsamkeiten betont. Das entsprach auch Franz Hoppichlers Auffassung: Er reagierte rasch auf die Bedürfnisse des Tourismus und war gefragter Referent und Demonstrator österreichischer Skitechnik auf Kongressen in aller Welt. Einer der wichtigsten Sportkongresse, der Interski-Kongress, 1951 in Zürs gegründet, kehrte 1991 nach 40 Jahren wieder an den Arlberg zurück. Am 14. Interski-Kongress in St. Anton am Arlberg nahmen 30 Nationen mit 2.500 Akkreditierten teil. 2011 knüpfte man an diesen Erfolg an – mit der zweiten Auflage des Interski-Kongresses in St. Anton am Arlberg

 

Franz Hoppichler mit einer Gruppe Skilehrer
Interskikongress 2011
Skifahrer über St. Christoph am Arlberg

Skiakademie St. Christoph

 
In der Wintersaison 1995/96 übernahm der Alpinchef des Austria Skiteams, Prof. Werner Wörndle, die Leitung des Bundessportheims St. Christoph. Drei Jahre später wurde das Heim dem Österreichischen Skiverband übergeben. Wörndle gründete die Skischule „Skiakademie St. Christoph“ und wurde Geschäftsführer der Austria Ski Sportanlagen Betriebsgesellschaft, die der ÖSV zur Führung der Skiakademie einrichtete. Der Aufbruch in die neue Zeit zeigte sich auch architektonisch: Das alte Wegmacherhaus wurde 2006 durch ein modernes Gebäude mit Hotelbetrieb ersetzt. Auch der Skisport entwickelte sich mittels neuer Ausrüstung weiter. Jetzt war Carven angesagt.

 

Vom Ski- zum Schneesportlehrer

 
Aus SkilehrerInnen sind durch Initiative des Österreichischen Skilehrerverbandes inzwischen SchneesportlehrerInnen geworden und das Angebot an zu belegenden Kursen ist so vielfältig wie nie. Seit 2013 ist Herbert Mandl Geschäftsführer der Ski Austria Academy St. Christoph. Als ehemaliger Skirennläufer und höchst erfolgreicher Skiweltcup-Trainer und Rennsportleiter weiß er genau, worauf es bei der Ausbildung ankommt. Ziel ist es nicht nur, den Skilauf zu fördern oder ambitionierten HobbyrennläuferInnen eine gute Wintervorbereitung zu ermöglichen, sondern vor allem die Sicherheit zu fördern. 

Herbert Mandl
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