Skispuren in die Welt

Wie die schneidigen Pioniere vom Arlberg die Geschichte des Skisports prägten.

Häuser mit Namen wie „Kandahar“, „St. Anton“ und „Hannes Schneider“ stehen nicht nur in der Arlbergregion, sondern ebenso in Nozawa Onsen, dem japanischen Partnerort von St. Anton am Arlberg. Die österreichischen Pioniere des Skisports zogen ihre eleganten Spuren sehr weit hinaus in alle Welt, insbesondere nach Amerika und Japan. 


In Nozawa Onsen, dem bekannten Wintersportort in der Präfektur Nagano, wird der Arlberger Skipionier Hannes Schneider (1899–1955) noch heute hoch verehrt. Schneider kam 1930 auf Einladung des japanischen Kronprinzen nach Japan, wo er in Seminaren und auf den Pisten die revolutionäre Arlberg-Skitechnik erläuterte. Diese wesentlich von ihm mitentwickelte neue Art, Ski zu fahren, hatte zuvor in seiner Heimat viel Schneestaub aufgewirbelt. Kam da doch ein junger „Hupfer“ daher und stemmte sich mit dem Stemmbogen dagegen, die Pisten wie bislang üblich im Telemarkstil zu queren, mit einer Spitzkehre als Wende. So eine Talfahrt musste doch dynamischer und vergnüglicher zu schaffen sein. War es auch, aber es brauchte Mut, die alten Muster, in diesem Fall die traditionellen Schrägfahrten, zu durchkreuzen und den Vorläufer des Parallelschwungs zu erfinden.

Skilehrer beim Ski-Club Arlberg


Der in Stuben am Arlberg geborene Johann bzw. „Hannes“ Schneider war ein mutiger, durchsetzungskräftiger Bursche. Nur so war es möglich, gemeinsam mit Fridtjof Nansen aus Norwegen und Sir Arnold Lunn aus England die Entwicklung des modernen Skisports derart nachhaltig zu beeinflussen. Grundlage für seine Karriere war sein enormes Talent.


Im Jahr 1903 bewies er es erstmalig im Alter von zwölf Jahren beim ersten vereinsinternen Rennen des am 3. Jänner 1901 gegründeten „Ski-Club Arlberg“. Seine Erfolge machten ihn bald weitum bekannt. Es folgte eine Einladung, als Skilehrer in Les Avants in der Schweiz zu arbeiten.


Er behielt dann aber vorerst doch seine Heimat als Lebens- und Arbeitsmittelpunkt. Dort arbeitete Schneider als Skilehrer des „Ski-Club Arlberg“ für das Hotel Post und gründete in der Wintersaison 1920/1921 die weltweit erste Skischule. Sein Engagement ging jedoch weit über die Skilehrertätigkeit hinaus.

Hannes Schneider

Mit Sir Arnold Lunn, einem britischen Skirennläufer, Bergsteiger, Schriftsteller und Mitbegründer des Schweizer „Kandahar Ski Club“, etablierte Schneider das Arlberg-Kandahar-Rennen extern. Damit legte er die Basis für den heutigen alpinen Rennlauf.


Bekannt wurde Hannes Schneider auch als Skistar und Schauspieler in legendären Ski- und Spielfilmen, wie in Arnold Fancks „Der weiße Rausch – Neue Wunder des Schneeschuhs“ (mit Leni Riefenstahl in der weiblichen Hauptrolle). Diese Werke machten mit sensationellen Landschafts- und Skiaufnahmen international Furore. Außerdem trugen die Bilder von spektakulären Abfahrten den Ruf des Arlbergs als Wiege des Skisportes in die Welt hinaus.


Dass Hannes Schneider nicht nur beim Skifahren den direkten Weg bevorzugte, wurde ihm zum Verhängnis. Weil er keine illegalen Nazis in seiner Skischule geduldet hatte und zudem Geschäftspartner und Freund des Juden Rudolf Gomperz war, musste er unter dem nationalsozialistischen Regime Österreich verlassen. Er wanderte an die Ostküste Amerikas aus. In North Conway, New Hampshire, baute Schneider eine umfassende Skisport-Infrastruktur mit Pisten und Liften auf. Die Schüler seiner Skischule waren in Leistungsgruppen eingeteilt. Diese Lehrmethode führte Schneider bereits am Arlberg ein. Dort brachte sie ihm große Anerkennung. Die „Hannes Schneider Ski School“ hatte bald auch in den USA einen besonderen Status, „Hannes Schneider“ und „Arlberg“ wurden zum Mythos und Markenzeichen.

Skirennläufer und Skilehrer Rudi Matt


Hannes Schneider führte die Skischule Arlberg gemeinsam mit dem St. Antoner Rudolph „Rudi“ Matt (1909–1993), der den Skischulbetrieb übernahm, als Schneider nach Amerika ging. Matt war ein brillanter Bergfilmer, Fotograf und ein ebenso wagemutiger und talentierter Skifahrer wie Schneider. Er nahm erfolgreich an nordischen Bewerben wie Skispringen und Langlauf teil, 1936 wurde er Weltmeister im Slalom. Wie viele andere Arlberger Skilehrer der damaligen Zeit folgte auch er dem Ruf ins Ausland, wo die Arlberg-Technik sehr gefragt war. Im Winter 1950/51 leitete Matt die Skischule in Sun Valley im US-Bundesstaat Idaho, Ende der 1950er Jahre unternahm er mehrere Reisen nach Japan, um dort die Lehrweise zu demonstrieren. 1968 war er am Aufbau einer Skistation in der indischen Kaschmirregion beteiligt. Dauerhaft in Erinnerung bleiben ebenso seine Auftritte als Schauspieler. Im Film „Der weiße Rausch“ spielte er den Anführer der Verfolger bei der Fuchsjagd auf Skiern.

Rudi Matt

Touristiker und Seilbahnpionier Rudolf Gomperz

Rudolf Gomperz

Mit dem Schicksal eines wichtigen Wegbegleiters und Mentors von Hannes Schneider ließe sich kein spaßig-spektakulärer Skifilm drehen. Dessen Tragik machte der Tiroler Dramatiker Felix Mitterer aber in „Kein schöner Land“ zum Thema eines Theaterstückes: Der jüdische Wiener Ingenieur,  Touristiker und Seilbahnpionier Rudolf Gomperz (1870–1942) ließ sich 1905 in St. Anton nieder und übernahm 1906 den Vorsitz des „Ski-Club Arlberg“. 1908 war er Vorsitzender des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV). 1910 wechselte er an die Spitze des Mitteleuropäischen Skiverbandes, blieb jedoch Geschäftsführer des ÖSV. Er engagierte sich unermüdlich für die Belange des Skisports und organisierte Spenden für Investitionen in die Infrastruktur von St. Anton am Arlberg wie die erste Sprungschanze, den Eislaufplatz, die Rodelbahn und die Galzigbahn. Gomperz erlebte die großen internationalen Erfolge von Hannes Schneider nicht mehr. Die Nazis belegten ihn mit Arbeitsverbot und schickten ihn nach Wien zurück, wo er auf seine Deportation warten musste. 1942 wurde er im Vernichtungslager Maly Trostinec südöstlich von Minsk in Weißrussland ermordet. Ohne seinen Gönner und Förderer Rudolf Gomperz hätte Hannes Schneider wahrscheinlich nicht eine derartig steile Karriere machen können. Der Arlberg und die Arlberger haben Gomperz viel zu verdanken.

Champagnerschnee für Friedl Pfeifer


Ein wichtiger Botschafter des österreichischen Skisports war der Schneider-Schüler und sehr erfolgreiche Skirennläufer Friedl Pfeifer (1911–1995), der u.a. das Kandahar Rennen extern und das Hahnenkammrennen gewann. Der St. Antoner Bergbauernbub und Skilehrer emigrierte 1938 in die USA, wo er in einer aufgelassenen Silberminenstadt in den Rocky Mountains im Gebiet rund um Aspen, Colorado, den Aufbau einer glamourösen Skiregion vorantrieb und auf die Popularität des Skifahrens in den gesamte USA einwirkte. Pfeifer erinnerte der Berg dort an den Arlberg. Er nannte ihn „Buttermilk-Mountain“, weil der Schnee so weich wie Butter und durchlässig wie Milch wirkte und noch heute als Pulver- und Champagnerschnee“ bezeichnet wird. So rasant Friedl Pfeifers Abfahrten waren, so zielsicher führten seine Spuren auch bergauf, denn sein Können, sein Engagement und sein Kommunikationstalent ebneten ihm den Weg in die gehobene amerikanische Society USA einwirkte.

Friedl Pfeifer
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